Folge: 983 | 10. April 2016 | Sender: HR | Regie: Hermine Huntgeburth
So war der Tatort:
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Bild: HR/Bettina Müller |
Nolte: "Kaffee? Kekse? Ist Mozart okay?"Die leinwanderprobte Regisseurin Hermine Huntgeburth inszeniert zum allerersten Mal einen Tatort - und angesichts des hohen Unterhaltungswerts wünscht man sich sehr, dass ihr erster Beitrag zur Krimireihe doch bitte nicht ihr letzter bleiben möge. Passend zu den herrmanesken Klängen des Sinfonieorchesters durchsetzt die Filmemacherin ihren packenden Psychothriller mit vielen Suspense-Momenten, die an Alfred Hitchcock erinnern: Wenn Nolte in Jannekes Küche seelenruhig zum Messer greift oder Brix' ahnungsloser Mitbewohnerin Fanny (Zazie de Paris) einen Besuch abstattet, dürfte vielen Zuschauern ein Schauer über den Rücken laufen. Dass der Zuschauer von Beginn an um die Tat des Ex-Knackis weiß, erweist sich dabei als Vorteil: Die Geschichte vom bösen Friederich ist ein weiterer Beleg für die alte Tatort-Weisheit, dass die wenigen Folgen, bei denen der Mörder von Beginn an fest steht, oft die besseren sind. Hier geht es nicht darum, den Täter zu finden, sondern weiteres Morden zu verhindern: Losgelöst von den üblichen Erzählstrukturen der Krimireihe spitzt Drehbuchautor Volker Einrauch Jannekes Konfrontation mit Nolte immer stärker zu. War es im letzten Frankfurter Tatort Hinter dem Spiegel noch Brix, der von seiner Zeit bei der Sitte eingeholt wurde, muss sich diesmal Janneke ihrer Vergangenheit stellen, denn sie erlag einst Noltes Charme und scheint als Einzige zu erkennen, dass sich bei ihm um den gesuchten Mörder und einen personifizierten Alptraum handelt. Das ist zwar nicht hundertprozentig glaubwürdig, aber ungemein unterhaltsam. Nicht von ungefähr weckt der blendend aufgelegte Theaterschauspieler Nicholas Ofczarek in seiner Rolle Erinnerungen an Kult-Killer Kai Korthals (Lars Eidinger), der es in Borowski und der stille Gastsowie in Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes schon zweimal mit den Kieler Kommissaren zu tun bekam: Der ebenso unberechenbare und manipulative Bösewicht lebt seine blutigen Phantasien und perversen Tagträume direkt vor den Augen des Zuschauers aus und lässt ihn so an seiner unbändigen inneren Wut teilhaben. Eher plump wirken allerdings die brachialen Rammstein-Klänge, die das Naturell des Killers unterstreichen und den Film musikalisch rahmen sollen: Hier wäre weniger mehr gewesen. Kleinere Schönheitsfehler sind aber auch dank des hochspannenden Schlussdrittels locker zu verschmerzen: Dank der herausragenden Filmmusik, vieler Spannungsmomente und einem tollen Bösewicht ist der dritte Fall von Janneke und Brix ihr bisher bester.
Bewertung: 8/10